„Wo soll ich nur starten?“ Für Quereinsteiger Sprachlehrer ist der Start oft schwierig, weil ihnen Struktur im Unterricht fehlt. Welche Schüler brauchen welches Unterrichtsmaterial, in welcher Reihenfolge und was sollen sie überhaupt lernen? So viele Fragen! Kein Wunder, dass du dich am Anfang überfordert fühlst.
Ich möchte dir eine einfache Methode vorstellen, damit du von Anfang an mehr Struktur in deine Lehrpläne bekommst. Diese Methode hilft dir, gute Lernergebnisse zu erzielen und genau das zu unterrichten, was deine Schüler lernen wollen. Mit einem solchen Lehrplan kannst du ganz schnell starten.
Der Grundstein für mehr Struktur im Unterricht
Der Grundstein für ein erfolgreiches Sprachlehrer Business liegt in einer einfachen Struktur sowie schnellen Lernergebnissen. Je komplexer und komplizierter dein Unterrichtsplan ist, desto schwieriger wird es für dich, ihn zu erstellen und später auch zu verkaufen. Vor allem für Einsteiger Sprachlehrer sollte die Devise lauten: Besonders einfach und übersichtlich.
Wie erstellst du einen einfachen Lehrplan mit schnellen Lernzielen?
Mache es anders als andere Lehrer
Normalerweise würde ich dir empfehlen, dass du dir anschaust, wie andere Lehrer ihren Unterricht anbieten und dir davon etwas abzuschauen. Doch ich finde, dass die meisten Lehrer einen entscheidenden Fehler machen. Ich stelle dir diesen Fehler kurz vor, damit du verstehst, warum du es anders machen solltest und zeige dir, wie du es besser machen kannst.
Wie machen es viele andere Sprachlehrer?
Öffne ich zum Beispiel E-Bay Kleinanzeigen und lese mir ein paar der Angebote für Fremdsprachenunterricht durch, lese ich solche Angebote:
- Englisch in gemütlicher Atmosphäre
- Englisch Unterricht per Skype
- Englisch für Anfänger A1/A2
Auch Sprachschulen bieten solche allgemeinen Kurse an.
Was ist nun falsch daran?
Stell dir einmal Tanja vor. Tanja möchte gerne die amerikanischen Medien zu den US-Wahlen mitverfolgen. Aber sobald sie die Nachrichten auf Englisch sieht und hört, muss sie sehr häufig Deepl öffnen und einzelne Wörter übersetzen. Sie versteht, worum es geht, aber die kleinen Nuancen der Sprache gehen an ihr vorbei. Sie ärgert sich über den hohen Zeitaufwand und wünscht sich, dass sie die Medien einfacher und schneller versteht. Wonach würde Tanja suchen, wenn sie ihr Englisch aufbessern möchte?
Ich bin mir sicher, dass Tanja sehr daran interessiert ist, die Nachrichten besser zu verstehen, vielleicht politische Blogartikel lesen zu können, ohne jedes Mal ein Übersetzungstool wie Deepl nutzen zu müssen. Sie spricht außerdem bereits gutes Englisch.
Ein Angebot für Tanja könnte so lauten:
- Englisch für Fortgeschrittene – Medien & Blogs lesen + besser verstehen oder
- Englisch für Pros – Blogs und Nachrichten hören, verstehen + diskutieren oder
- Englischunterricht: Medien schnell und problemlos verstehen
Was kannst du daraus lernen?
Damit dein Lehrplan besser geplant ist und du mehr Struktur im Unterricht reinbekommt, ist es sehr hilfreich, sich in die Person, die du unterrichten möchtest hineinzuversetzen. Noch einfacher wird der Start für dich, wenn du dir von Anfang an überlegst, wen du unterrichten möchtest. An welchen Lernzielen möchtest du mit deinen Kunden arbeiten? Wenn du das einmal festgelegt hast, wird alles andere viel einfacher – versprochen.
Schritt 1: Entscheide dich für einen Schüler
Ein bekannter Spruch lautet: „Mach es allen recht und du wirst nie Recht haben“. Übertragen auf dich als Sprachlehrer heißt das: Versuche alle potenziellen Kunden da draußen für dich zu gewinnen und ich verspreche dir, dass das im Chaos endet: viel zu viel Recherche-Aufwand, wenig Freizeit, im schlimmsten Fall unzufriedene oder gar keine Schüler. Wähle daher nur einen Schüler. Eine bessere Struktur im Unterricht hängt am meisten davon ab, dass du von Anfang eine einzige Zielgruppe auswählst.
Mit „einem“ Schüler meine ich nicht die Anzahl 1, sondern eine Zielgruppe. Definiere von Anfang an, mit wem du in den nächsten Monaten zusammenarbeiten möchtest.
Einen Wunschkunden definieren
Am einfachsten fällt es mir einen Wunschkunden zu definieren, wenn ich mir überlege, mit welcher Personengruppe ich zusammenarbeiten möchte.
- Kleinkinder
- Schulkinder
- Jugendliche
- Studenten
- Junge Erwachsene (z.B. beim Jobfinden)
- Erwachsene (30-50)
- Senioren
- Bestimmte Berufsgruppen
Schritt 2: Definiere jetzt ein konkretes Problem, das du angehen möchtest
Welches Problem möchtest du für deine Kunden lösen?
Überlege, warum dein Schüler eine neue Sprache erlernen oder seine Kenntnisse auffrischen möchte. Vielleicht möchtest du die Probleme einer konkreten Berufsgruppe angehen oder Jugendlichen in einem bestimmten Schul-Jahrgang bessere Noten verschaffen. Spezifiziere die größten Probleme und Ängste.
Welches Problem möchtest du lösen?
- Der Kunde hat Angst vor dem Sprechen
- Der Kunde fühlt sich oft unwohl beim Sprechen
- Der Kunde weiß nicht, wie er seine Jobbewerbung schreibt
- Der Kunde versteht bei Meetings nicht alles und hat Angst für seine Fehler ausgelacht zu werden
- Der Manager hat Angst, von seinen Angestellten nicht ernst genommen zu werden
- Der Kunde hat Angst, die Prüfung nicht zu bestehen. Das würde für ihn bedeuten, dass er keine Gehaltserhöhung bekommt
- Der Kunde wünscht sich nichts sehnlicher, als nach Deutschland zu ziehen, um endlich mit seiner deutschen Freundin zusammenzuleben
Wer eine Fremdsprache lernt, der möchte das aus einem bestimmten Grund tun. Dahinter stecken ganz tiefe Wünsche, Ziele, Bedürfnisse und auch viele Ängste.
Schritt 3: Biete eine Lösung -> das Lernziel
Nachdem du dich für eine Personengruppe entschieden und deren Probleme und Wünsche definiert hast, überlege eine passende Lösung. Bei der Lösung geht es als erstes um eine Idee für das Unterrichtsziel. Mit einem konkreten Unterrichtsziel lässt sich die Struktur im Unterricht viel einfacher angehen.
Welches Lernziel möchtest du erreichen?
- Besser Deutsch bei der Arbeit sprechen
- Frei Vorträge auf Deutsch halten
- Bessere Mitarbeitergespräche führen
- Besser und schneller telefonieren
- Einen Job in Deutschland finden
- Die B1 Prüfung in Englisch bestehen usw.
- Bessere Noten in Englisch schreiben
- Auf Reisen besser Englisch sprechen und verstehen
Schritt 4: Formuliere das Lernziel aus
Nun beginnt die Arbeit an deinem Lehrplan. Als erstes definieren wir, welches konkrete Lernziel dein Wunschkunde mit dir erreicht. Du kannst mehrere Wünsche aufgreifen, Hauptsache das Lernziel ist klar und schnell erreichbar. Je konkreter desto besser. Unten siehst du ein Beispiel und einen Lückentext zum Ausfüllen.
BEISPIEL
„Nach 10 Stunden kannst du Blogbeiträge zu deinen Lieblingsthemen auf Englisch mit Leichtigkeit lesen und verstehen. Außerdem kannst du dich ungezwungen über sie unterhalten – ohne ständig Wörter bei Deepl zu übersetzen.“
LÜCKENTEXT-VORLAGE
Nach ______________ (Anzahl) Stunden kannst du _________________________ (Wunsch 1) und ____________________________ (Wunsch 2). Außerdem kannst du ______________________________ (Wunsch 3).
Definiere das Lernziel deines Wunschkunden, indem du seine Wünsche in die Ausformulierung einbeziehst.
Schritt 5: Erstelle jetzt einen Lehrplan, passend zum Lernziel
Jetzt hast du eine gute Grundlage, um einen strukturierten Lehrplan für das konkrete Lernziel zu entwickeln. Das wichtigste dabei ist, dass das Lernziel schnelle Lernerfolge gewährleistet. Plane daher für das Lernziel zwischen 10 bis max. 20 Unterrichtsstunden ein.
Um einen konkreten Lehrplan zu entwickeln, kannst du jetzt nach passenden Lehrwerken, Arbeitsblättern oder Vorlagen recherchieren. Zu manchen Lernzielen findest du sehr schnell gute Ideen, bei anderen muss man länger suchen.
So könnte ein Lehrplan aussehen:
BEISPIEL
DAS LERNZIEL
„Nach 10 Stunden kannst du Blogbeiträge zu deinen Lieblingsthemen auf Englisch mit Leichtigkeit lesen und verstehen. Außerdem kannst du dich ungezwungen über sie unterhalten – ohne ständig Wörter bei Deepl zu übersetzen.“
✅ Recherche: 6 Blogartikel zu deinen Lieblingsthemen
✅ Thema 1 – laut vorlesen & Artikel zusammenfassen
✅ Ausdruck/Grammatik – Fragen stellen & Zeiten im Englischen
✅ Thema 2 – laut vorlesen & Fragen stellen
✅ Thema 3 – laut vorlesen & Fragen beantworten
✅ Ausdruck/Grammatik – Typische Einwände einleiten und behandeln
✅ Thema 4 – laut vorlesen & Pros und Contras definieren
✅ Thema 5 – Einwände vorbereiten & diskutieren
✅ Thema 6 – Wir debattieren über die Pros und Contras
✅ Abschluss-Lektion – Freies Gespräch, Learnings und wie es weitergeht
Wenn ich dir einen Tipp geben kann: Versuche nicht von Anfang den perfekten Lehrplan zu entwickeln. Erstelle erst einmal einen groben Lehrplan und wenn du Schüler dafür gefunden hast, optimiere deinen Lehrplan auf Basis deiner Erfahrungen.
Mehr Struktur im Unterricht – Zusammenfassung:
- Entscheide dich für EINEN Kunden
- Finde die Probleme, Gründe, Ängste
- Biete eine Lösung an -> Lernziel
- Formuliere das Lernziel aus
- Entwickle jetzt einen Lehrplan mit schnellen Lernergebnissen
Schritt 6: Es gibt viele weitere Schritte…
An dieser Stelle lasse ich dich machen. Mehr Informationen würden dich nur noch weiter überfordern.