Im Teil 6 der Videoreihe „Online-Unterricht für Einsteiger“ stelle ich euch meinen häufigsten Schüler-Typ vor. Und zwar jeweils einen männlichen und einen weiblichen. Anschließend füge ich noch ein paar Gedanken hinzu, was dieser Schüler-Typ meiner Erfahrung nach braucht.
Ich habe immer wieder zwei ganz typische Schüler-Typen: Die Frau, die sich nicht traut und der Mann, der schneller spricht, als er denkt.
Beide Schüler-Typen haben gemeinsam, dass sie meistens gebildet und in höheren Management-Positionen arbeiten (das ist auch meine Zielgruppe).
Aber wie funktioniert dieser Schüler-Typ und was braucht er eigentlich?
Häufigster Schüler-Typ 1 – Die Frau, die sich nicht traut
Als Frau neigt man generell dazu, sich öfter etwas nicht zuzutrauen. Das zeigt sich auch im Spracherwerb bzw. der Anwendung der gelernten Sprache im Alltag. Sehr häufig ist es so, dass die Frau sehr gut spricht und bereits B2, teilweise C1 Niveau erreicht hat. Theoretisch kann sie also alles, was sie braucht. Und im Unterricht mit mir spricht sie auch wirklich gut. Ich unterhalte mich ganz normal mit ihr.
Problem des Schüler-Typs 1:
Die Frau traut sich nicht, ihre Sprachfertigkeiten in der Öffentlichkeit vor den Augen anderer anzuwenden. Sie hat große Angst, Fehler zu machen und dafür ausgelacht zu werden oder gar den Respekt anderer zu verlieren. Ganz besonders geht es Frauen so, die in einer höheren Position im Berufsleben arbeiten.
Was kannst du als Sprachlehrer tun?
- Die Frau möchte sich in erster Linie im Unterricht wohl fühlen. Sorg also für eine entspannte Atmosphäre und sei offen für ihre Themen. Sie fühlt sich dann wohl, wenn sie dir ihre Probleme mit dem Sprechen anvertrauen kann und du diese ernst nimmst.
- Beim Lernen ist es wichtig, sie auf alle möglichen Situationen, in denen sie ihre Sprachfertigkeiten im Beruf einsetzen kann, vorzubereiten. Dazu gehört:
- Das Sprechen vor Leuten
- Präsentationen halten
- Video- und Telefonkonferenzen leiten
- Auf Redewendungen und Witze reagieren
- Meetings leiten
- Mitarbeitern Feedback geben
- Auf Wünsche von Mitarbeitern und Kollegen reagieren und ggf. ablehnen
- Besondere Anfragen von Kollegen und Mitarbeitern verstehen und auf diese reagieren
Ein weiterer Wunsch dieses Schüler-Typs ist, zwischen den Zeilen zu lesen. Bzw. Du solltest dieser Frau als Lehrer vermitteln, dass selbst Muttersprachler nicht immer alles verstehen und Verständigungs- und Kommunikationsprobleme zwischen Muttersprachlern zum Alltag gehören. Du kannst ihr helfen, indem du ihr beibringst auf unverständlich formulierte Aussagen von muttersprachlichen Kollegen und Mitarbeitern entsprechend zu reagieren. Sie sollte lernen, dass Nachfragen völlig legitim sind und nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, dass ihre fremdsprachlichen Fertigkeiten schlecht sind.
Häufigster Schüler-Typ 2 – Der Mann, der schneller spricht, als er denkt
Männer sind meist sehr selbstbewusst und zeigen sehr schnell, wenn sie etwas können. Im Unterricht macht es Spaß, denn du hast als Lehrer sehr wenig Arbeit. Dieser Mann spricht viel und schnell, ist belesen und man kann sich mit ihm über diverse Themen austauschen. Nicht immer, aber sehr oft hält er jedoch nichts von Grammatik oder richtigem Lernen. Er möchte einfach nur quatschen. Das ist sehr lobenswert und gut. Aber leider macht dieser Schüler-Typ sehr viele Fehler.
Problem des Schüler-Typs 2:
Der Mann, der schnell spricht, lässt sich leider nur sehr schwer stoppen. Eigentlich hat nicht er das Problem, sondern du: Nämlich Fehler-Korrekturen. Deine Aufgabe besteht darin, gemeinsam mit deinem Schüler ein Ritual bzw. Regeln einzuführen, um zu lernen, langsamer, dafür aber korrekter zu sprechen.
Was kannst du als Sprachlehrer tun?
Dieser Mann braucht einen sehr geduldigen Lehrer, der sich jedoch gut durchsetzen kann. Ein bisschen Zuckerbrot und Peitsche schadet hier nicht. Du solltest deinen Lerner leiten, indem du ganz klar STOPP sagst und den Lerner mehrmals einen Satz wiederholen lässt, z.B. in verschiedenen Formaten.
Insgesamt gehe ich so vor, dass ich den Lerner bis zu einem gewissen Punkt immer aussprechen lasse und mir Notizen mache bzw. über den Chat Notizen mache. Irgendwann unterbreche ich mit den Worten: Vielen Dank. Jetzt habe ich ein paar Fragen… Anschließend lasse ich den Lerner die Story wiederholen, die er mir zuvor erzählt hat.
Beim Korrigieren konzentriere ich mich nur auf die Fehler, die er wiederholt macht und nur einen einen bis zwei pro Unterrichtseinheit.